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Die Frage ab welchem Alter die Krankenkasse Hilfsmittel -wie einen Therapiestuhl- als Zweitversorgung für eine Kita für ein behindertes Kind genehmigen muss, war für Kinder jüngere betroffene Kinder bislang umstritten. Das Sozialgericht Berlin hat in dem von mir geführten Klageverfahren mit Beschluss vom 28.05.2019, Az. S 208 KR 1866/18, entschieden, dass auch für behinderte Kinder unter drei Jahren ein Anspruch auf Versorgung mit einem Therapiestuhl besteht.

Die Krankenkasse hatte die Versorgung mit dem Therapiestuhl aus dem Grund abgelehnt, dass eine Zweitversorgung für den Kindergarten nur dann genehmigt werden könne, wenn der Besuch der Einrichtung dem Hinführen zur Schulfähigkeit diene. Das sei bei Kindern unter drei Jahren grundsätzlich nicht der Fall, wie sich aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 03.11.2011, Az. B 3 KR 8/11 R, ergeben soll. Die Schulfähigkeit sei nur insoweit als allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens anzusehen, als es um die Vermittlung von grundlegendem schulischen Wissen und Können an Schüler im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht oder der Förder- bzw. Sonderschulpflicht gehe.

Dem ist das Sozialgericht Berlin nicht gefolgt, der Anspruch auf Kostenübernahme für den Therapiestuhl für die Kita ergibt sich nach dem Urteil vom 28.05.2019 aus den Grundsätzen des mittelbaren Behinderungsausgleichs. Die Versorgung mit dem Therapiestuhl für die Kindertagesstätte betrifft ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens, weil der begehrte Therapiesitz dem damals zwei Jahre alten Kind die Teilnahme an Beschäftigungsangeboten gemeinsam mit anderen Kindern in der Kita ermöglicht. Das Sozialgericht führt in dem Urteil aus:

„Da die Klägerin – anders als gleichaltrige Kinder – nicht selbständig sitzen kann, ist sie ohne ein Hilfsmittel, das das aufrechte Sitzen ermöglicht, nicht in der Lage, die anderen Kinder in ihren Aktionen beim Essen und Spielen in der Weise wahrzunehmen, wie es das Sitzen auf Augenhöhe ermöglicht. Ein in der Kindertagesstätte genutzter Therapiestuhl ermöglicht damit der Klägerin die Teilnahme an einem altersüblichen sozialen Lernprozess.“

Die gesetzlichen Krankenversicherungen haben die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass behinderte Menschen das staatlicherseits als Minimum angesehene Maß an Bildung erwerben können. Die Versorgung mit dem Therapiestuhl ist auch erforderlich, da das Zimmeruntergestell, das dem betroffenen Kind im vorangegangen einstweiligen Rechtsschutzverfahren zugestanden wurde (vgl. Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 07.12.2018, Az. S 208 KR 1865/18 ER), wesentliche Nachteile hinsichtlich des mittelbaren Behinderungsausgleichs gegenüber einem Therapiestuhl aufweist. Die Eingliederung, eine Teilhabe an der üblichen Lebensgestaltung Gleichaltriger und damit an einem altersüblichen sozialen Lernprozess, werde hiermit nicht ausreichend gewährleistet.

Fundstellen: Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 28.05.2019, Az. S 208 KR 1866/18; Beschluss vom 07.12.2018, Az. S 208 KR 1865/18 ER, Bundessozialgericht, Urteil vom 03.11.2011, Az. B 3 KR 8/11 R

Auch 2013 war die Erfolgsquote der Gerichtsverfahren gegen die Jobcenter beim Sozialgericht  Berlin hoch. 54 % der Verfahren hatten zumindest teilweisen Erfolg. Die Präsidentin des Sozialgerichts Berlin fordert daher die Arbeitsqualität der Jobcenter zu steigern. Hauptstreitpunkte vor Gericht waren Rückforderungsbescheide wegen zu viel gezahlter Leistungen, Leistungskürzungen aufgrund von Sanktionen und die fehlerhafte Anrechnung von Einkommen. Zudem waren die Betroffenen in jedem vierten Hartz IV – Verfahren auf einen Antrag auf Eilrechtsschutz angewiesen. 2013 gingen 26.594 neue Hartz IV – Verfahren beim Sozialgericht Berlin ein, 2012 waren es noch 28.666 (vgl. auch Blogartikel vom 15.01.2013:  „Flut rechtswidriger Hartz-IV-Bescheide hält an – Hartz IV für EU-Angehörige“).

Fundstelle: Sozialgericht Berlin, Pressemitteilung vom 14.01.2014

Die Flut rechtswidriger Bescheide der Berliner Jobcenter bricht nicht ab, wie man an der Jahresbilanz des Sozialgerichts Berlin erkennen kann. Die Anzahl der eingereichten Klagen hat sich beim Sozialgericht im Jahr 2012 weiter erhöht, wie die Präsidentin des Sozialgerichts Berlin, Frau Sabine Schudoma, am 10.01.2013 bekannt gegeben hat. Im Jahr 2012 wurden insgesamt 44301 neue Verfahren beim Sozialgericht Berlin verzeichnet, 2011 betrug die Zahl der Eingänge beim Gericht noch 43832 (vgl. Blogartikel „Sozialrechtliche Bilanz 2011“ vom 17.01.2011) Rund 65 % der eingehenden Verfahren betreffen Rechtsstreitigkeiten rund um Hartz IV (ALG II). Die Erfolgsaussichten sind dabei weiterhin gut, bei Streitigkeiten mit dem Jobcenter betrug die Erfolgsquote der Verfahren 54 %.

Hinsichtlich der Leistungsansprüche von Arbeitssuchenden aus dem europäischen Ausland besteht immer noch keine Rechtseinheitlichkeit, ein Urteil des Bundessozialgerichts steht weiterhin aus. Derzeit muss nach den jeweiligen Herkunftsländern differenziert werden, Bedürftigen mit spanischer und polnischer Nationalität wurde der Anspruch auf Hartz IV von den Gerichten zugesprochen (Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 14.05.12, Az. S 124 AS 7164/12 ER; Urteil vom 08.08.12, Az. S 173 AS 18394/11; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. 8. 12 – L 19 AS 1851/12 B ER). Bedürftige mit britischer, bulgarischer, und griechischer Nationalität unterlagen dagegen vor Gericht (Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 11. 6. 12 – S 205 AS 11266/12 ER; Beschluss vom 10.05.12, Az. L 20 AS 802/12 B ER; Beschluss vom 06.08.12, Az. L 5 AS 1749/12 B ER).

Fundstelle: Sozialgericht Berlin, Pressemitteilung vom 10.01.2013

Das Sozialgericht Berlin hat laut Presseerklärung vom 25.04.2012 die neue Berechnung der Regelsätze von Hartz IV dem Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung vorgelegt, weil nach der Auffassung des Sozialgerichts Berlin die Höhe der Regelsätze vom Gesetzgeber in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgelegt wurden. Zum einen wurde die Referenzgruppe, die der statistischen Bedarfsermittlung zugrunde liegt, fehlerhaft bestimmt. Zum anderen seien in rechtswidriger Weise Kürzungen bei den Ausgaben u. a. für Verkehr, alkoholische Getränke, Mahlzeiten in Gaststätten und Kantinen, Schnittblumen vorgenommen worden. Ein Ein-Personen-Haushalt erhält nach den Berechnungen des Sozialgerichts Berlin – wie im Beschluss vom 25. April 2012, Az. S 55 AS 9238/12, ausgeführt wird – monatlich 36,00 € zu wenig, ein Drei-Personenhaushalt müsste 100,00 € mehr erhalten, damit das soziokulturelle Existenzminimum der Hilfebedürftigen nicht unterschritten wird. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 09.02.2010, Az. 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, muss der Gesetzgeber die Regelsätze zumindest so hoch bemessen, dass das aus Art. 1 Abs. 1 GG (Grundgesetz) in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG abgeleitete soziokulturelle Existenzminimum gewährleistet wird, außerdem muss der Gesetzgeber die Verfassungsmaßstäbe der Systemgerechtigkeit, Normenklarheit, Folgerichtigkeit sowie das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 3 GG) einhalten. Die neue Berechnung der Regelsätze hält diesen Anforderungen nach der Ansicht des Sozialgerichts Berlin nicht stand.

Fundstellen: Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 25. April 2012, Az. S 55 AS 9238/12; Pressemitteilung vom 25.04.2012; Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 09.02.2010, Az. 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09; Allgemeine Informationen zum Sozialrecht

Das größte Sozialgericht Deutschlands, das Sozialgericht Berlin, hat am 11.01.2012 Bilanz über das vergangene Jahr 2011 gezogen. 2011 gingen dort (im 12 Minuten Takt) insgesamt 43.832 neue Verfahren ein, damit ist ein geringer Rückgang im Vergleich zum Jahr 2010 zu verzeichnen. 30732 Klagen waren dabei dem Komplex „Hartz IV“ zuzurechnen. (vgl. Graphik). Die Hartz-IV-Verfahren machen einen Anteil von zirka 70 % der gesamten Verfahren aus (vgl. Graphik). Im Vergleich zum Jahr 2004 ist die Anzahl der jährlich eingereichten Klagen und Verfahren um 24235 Verfahren gestiegen (vgl. Graphik). Die Präsidentin des Sozialgerichts Berlin führt insoweit aus: „Kein Kläger bläst zum Sturm auf unser Sozialsystem. Kaum einer prozessiert aus Prinzip.“ Die vier Hauptursachen der Klagen seien vielmehr folgende: Kosten der Unterkunft, Anrechnung von Einkommen auf Leistungen, Leistungskürzungen aufgrund von Sanktionen und die Verletzung gesetzlicher Bearbeitungsfristen durch die Jobcenter. Gerade bei den Unterkunftskosten entzündet sich oft der Rechtsstreit an der Tabelle der Jobcenter nach der Verwaltungsvorschrift „AV-Wohnen“, denn diese hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R, für rechtswidrig erklärt. Neue rechtmäßige Mietgrenzwerte sind aber  seitdem (in Berlin) vom Gesetzgeber nicht festgelegt worden. Die Erfolgsquote der Verfahren beim Sozialgericht blieb auch 2011 bei 54 % unverändert hoch. Ein Verfahren dauert beim Sozialgericht Berlin durchschnittlich 12 Monate. Dennoch ist ein Aktenstau von 40.210 unerledigter Verfahren mittlerweile angefallen (vgl. Graphik).

Bedenkt man, dass auch viele Widerspruchsverfahren Erfolg haben, dann ist die hohe Erfolgsquote ebenso beachtlich wie die Fehleranfälligkeit von Bescheiden der Agentur für Arbeit bzw. der Jobcenter. Bei der durchschnittlichen Verfahrensdauer hat das Sozialgericht allerdings offensichtlich die vielen Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz mitgerechnet, die sich nach wenigen Tagen bzw. Wochen erledigen, welche den Durchschnitt deutlich gedrückt haben dürften. Insgesamt kann es sich durchaus lohnen, seinen Bescheid fachkundig überprüfen zu lassen.

Fundstellen: Sozialgericht Berlin, Presseerklärung vom 11.01.2012; Bundessozialgericht, Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R; Allgemeine Informationen zum Sozialrecht

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