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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Freispruch für einen Richter, der wegen Rechtsbeugung angeklagt war, mit Urteil vom 11.04.2013, Az. 5 StR 261/12, aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Potsdam zurückverwiesen. Der angeklagte Richter war zuvor in derselben Sache durch eine andere Kammer des Landgerichts Potsdam (LG Potsdam) wegen Rechtsbeugung in Tateinheit mit schwerer Freiheitsberaubung zu zwei Jahren Haftstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Auch dieses Urteil hatte der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 07.07.2010,  Az. 5 StR 555/09, aufgehoben. Damals war die Kammer des Landgerichts nach Auffassung des BGH falsch besetzt gewesen. Der angeklagte Richter am Amtsgericht Eisenhüttenstadt hatte im Jahr 2005 einen Fall entscheiden, bei dem es um die mutmaßliche Untreue eines angeklagten Nachlassverwalters ging. Dabei soll sich der Richter dadurch strafbar gemacht haben, dass er mehrere Haftbefehle u. a. gegen einen den Verteidiger des Angeklagten erließ, ohne dafür überhaupt zuständig gewesen zu sein.

Nach den Feststellungen der beiden (nicht rechtskräftig gewordenen) Urteile des LG Potsdam, verdächtigte der Richter, den Verteidiger des Angeklagten an der Vortat des Angeklagten beteiligt gewesen zu sein und rechnete daher damit, dass der Verteidiger Konfliktverteidigung betreiben würde, um von seiner eigenen Tatbeteiligung abzulenken sowie die Aufklärung des Sachverhalts zu verzögern und zu erschweren. Im Laufe des Verfahrens kam es dann zu einer vom Gericht angeordneten Durchsuchung der Kanzleiräume des Verteidigers, bei denen der später wegen Rechtsbeugung angeklagte Richter offenbar selbst anwesend war. Auf die Beschwerde des Verteidigers, dass die Durchsuchung nicht gemäß den Vorschriften des Strafprozessordnung erfolgt sei, soll der Richter scherzhaft in der Hauptverhandlung geantwortet haben, dass die Durchsuchung aufgrund der Eisenhüttenstädter Prozessordnung erfolgt sei, die mit der Vollstreckung beginne. Im weiteren Prozessverlauf erwirkte der Richter Haftbefehle gegen den Angeklagten, dessen Ehefrau und den Verteidiger des Angeklagten, indem er zum einen willkürlich das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche gegen den Verteidiger zu seinem Verfahren per Gerichtsbeschluss verbunden hat und indem er Haftbefehle erließ, ohne nach dem Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt überhaupt als zuständiger Ermittlungsrichter für den Erlass der Haftbefehle vorgesehen zu sein. Die Anträge auf Erlass eines Haftbefehls hatte er zudem vorgefertigt dem Staatsanwalt vorgelegt, damit dieser die Anträge in der Hauptverhandlung stellen würde. In der Hauptverhandlung soll der Richter dann dem Verteidiger nach dessen Zeugenaussage entgegengerufen haben, dass er festgenommen sei. Außerdem ließ er ihn in Handschellen abführen lassen. Wenige Tage später wurde der Verteidiger von der Staatsanwaltschaft aus der Haft wieder entlassen.

Das Landgericht Potsdam war nun der Meinung, dass sich der Richter nicht wegen Rechtsbeugung strafbar gemacht habe, da die dem Richter vorzuwerfenden Verfahrensfehler im Rahmen einer Gesamtwürdigung nicht so schwer wögen, dass es gerechtfertigt wäre, das Verhalten des Richters als bewusste und gewollte schwerwiegende Entfernung von Recht und Gesetz zu werten. Dem ist der Bundesgerichtshof nicht gefolgt, das Gericht stellt in dem Beschluss vom 11.04.2013 fest, dass eine Rechtsbeugung auch durch die Verletzung von Verfahrens- und Zuständigkeitsvorschriften begangen werden kann, wenn dadurch die konkrete Gefahr einer falschen Entscheidung zum Vor- oder Nachteil einer Partei begründet wurde. Insoweit weist der BGH im vorliegenden Fall darauf hin, dass der Erlass der Haftbefehle gegen den Verteidiger und die Ehefrau des Angeklagten evident verfahrensfehlerhaft war, weil der vom Landgericht zuletzt freigesprochene Richter für die Entscheidung über die in dem gegen den Verteidiger und die Ehefrau des damals Angeklagten geführten Ermittlungsverfahren gestellten Haftanträge unzuständig war. Das Landgericht Potsdam hatte das zwar grundsätzlich auch so gesehen, war aber zu der Auffassung gelangt, dass auch die nach dem Geschäftsverteilungsplan für die Haftbefehle zuständige Richterin ohne eigene inhaltliche Prüfung auf Anregung des angeklagten Richters bereit gewesen wäre, die Haftbefehle zu erlassen, was gegen eine sachfremde Motivation des Richters spreche. Die Unterstellung des Landgerichts Potsdam, dass eine Richterin ohne Aktenkenntnis und ohne eigene Prüfung allein aufgrund der Anweisungen eines Kollegen Haftbefehle erlassen würde, sei aber nach Auffassung des Bundesgerichtshof zu weitreichend (Rn.52) und stelle einen Fehler in der Beweiswürdigung dar, weswegen das freisprechende Urteil aufzuheben war. Der BGH merkt insoweit an, dass sich nach den konkreten im Urteil festgestellten Umständen aufdränge, dass es dem Richter bei der Verhaftung des Verteidigers in öffentlicher Verhandlung darum gegangen sein könnte, einen wirkungsvollen Effekt zu erzielen und die Verfahrensbeteiligten durch sein Vorgehen in besonderer Weise einzuschüchtern. Auch eine auf Öffentlichkeitswirksamkeit und Einschüchterung abzielende Motivlage eines Richters könne grundsätzlich einen sachfremden Beweggrund darstellen. Über den Fall wird nun das Landgericht Potsdam erneut zu befinden haben. Der ebenfalls angeklagte Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft wurde hingegen rechtskräftig freigesprochen.

Fundstellen: Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.04.2013, Az. 5 StR 261/12; Pressemitteilung Nr. 66/13;  Beschluss vom 07.07.2010, Az. 5 StR 555/09; Pressemitteilung Nr. 158/2010; Landgericht Potsdam, Urteil vom 19.04.2009, Az. 24 KLs 22/08; Urteil vom 08.12.2011, Az. 25 KLs 4/10 456 Js 47221/05

Der Freispruch für den ehemaligen Managers des Handballvereins Turnverein Hassee-Winterbek e. V. von 1904 (THW Kiel), Herrn Uwe Schwenker, wurde durch das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28.11.2012, Az. 5 StR 328/12, teilweise aufgehoben. Der Manager wurde verdächtigt, die Schiedsrichter des Rückspiels der Champions-League-Finales 2007 zwischen seinem Verein und der Spielgemeinschaft Flensburg-Handewitt Handball-Bundesliga GmbH & Co. KG (SG Flensburg-Handewitt) bestochen zu haben. Der THW Kiel gewann das Rückspiel 29:27 gegen Flensburg, nachdem das Hinspiel 28:28 unentschieden ausgegangen war. Das Landgericht Kiel hatte Schwenker und den mitangeklagten, damaligen Trainer von Kiel, Zvonimir „Noka“ Serdarušić, mit Urteil vom 26.01.2012, Az. 5 KLs 1/10, vollumfänglich freigesprochen. Hierauf bezieht sich das Urteil des Bundesgerichtshofs aber gar nicht, weil die Staatsanwaltschaft Kiel die Revision insoweit bereits zurückgenommen hatte. Damit steht die Unschuld von Zvonimir Serdarušić rechtskräftig fest. Manager, Uwe Schwenker, wurde rechtskräftig im Hinblick auf den Vorwurf der Schiedsrichterbestechung freigesprochen. Der Vorwurf der Manipulation des Finales der Champions-League ist damit als ausgeräumt anzusehen. Die Leistung der Schiedsrichter gab damals auch eigentlich keinen Anlass, eine Verschiebung des Spiels zu vermuten.

Allerdings wurde Kiels damaligem Manager im ursprünglichen Verfahren neben der Schiedsrichterbestechung noch Untreue und Betrug in Bezug auf ein Darlehen in Höhe von 60.000 € vorgeworfen, das er Herrn Serdarušić aus Vereinsgeldern gewährt haben soll. Die rechtlichen Prüfungen des Landgerichts im Hinblick auf diesen Strafvorwurf wurden vom Bundesgerichtshof als nicht ausreichend angesehen, nur in diesem Umfang muss der Fall erneut verhandelt werden und wurde an das Landgericht Kiel zurückverwiesen.

Fundstellen: Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.11.2012, Az. 5 StR 328/12, Pressemitteilung Nr. 199/2012; Landgericht Kiel, Urteil vom 26.01.2012, Az. 5 KLs 1/10; Allgemeine Informationen zum Revisionsrecht

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