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Die Forscher der Ben Gurion University, Negev (Israel), und der Columbia University, New York (USA), Shai Danziger, Jonathan Levav und Liora Avnaim-Pesso haben außerhalb des Rechtsordnung liegende Einflüsse auf die gerichtliche Entscheidungsfindung untersucht. Die Forscher haben insgesamt 1.112 Entscheidungen, die vorwiegend die Aussetzung von Haftstrafen zur Bewährung zum Gegenstand hatten, analysiert. Die Ergebnisse dieser Untersuchung haben die Autoren unter dem Titel „Extraneous factors in judicial decisions“ in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS) veröffentlicht. Es wurden nur erfahrene Richter in die Untersuchung einbezogen und dabei erforscht, welchen Effekt die Position der jeweils stattfindenden Essenspausen innerhalb eines Verhandlungstages auf die statistische Wahrscheinlichkeit eines für den Inhaftierten positiven Ausgangs der Verhandlung hat. Interessanter Weise hatten die israelischen Richter keinen Einfluss auf die Reihenfolge der Terminierung der Verhandlungen, so dass ausgeschlossen werden konnte, dass die Richter selbst durch eine spezifische Terminvergabe die Ergebnisse verfälschen könnten. Das Ergebnis der Auswertung ist einigermaßen ernüchternd für all diejenigen, die annehmen, dass Richter nur mechanisch Gesetze und juristische Methoden auf die Fälle anwenden. Die Forscher konnten deutlich belegen, dass neben einer strikt rationalen Gesetzesanwendung offensichtlich auch psychologische Faktoren eine entscheidende Rolle spielen. Denn die Wahrscheinlichkeit der Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung betrug für den direkt nach einer Essenspause verhandelten Fall zirka 65 % und sank danach mit jedem weiteren verhandelten Fall kontinuierlich ab bis zur nächsten Essenspause. Direkt nach der dann eingelegten Essenspause betrug die Wahrscheinlichkeit einer für den Inhaftierten positiven Entscheidung dann wieder zirka 65 % und fing sofort nach demselben Muster wieder zu sinken an. Der zuletzt vor einer Pause eines jeweiligen Verhandlungsblocks verhandelte Fall hatte danach statistisch die geringste Wahrscheinlichkeit, eine für den Delinquenten positive Entscheidung zu ergeben. Interessant dabei ist auch, dass die Länge der jeweiligen Verhandlungen keinen Einfluss auf die geistige Ermattung der Richter hatte, die Wahrscheinlichkeit einer negativen Entscheidung stieg vielmehr nicht allein durch den Zeitablauf sondern durch die hohe Anzahl der vorangegangenen Entscheidungen, die die Richter erledigt hatten. Die Forscher gehen daher davon aus, dass bei vielen aufeinander folgenden Entscheidungen, die Entscheidungsträger am Ende einer Reihe von Entscheidungen eine Tendenz zeigen, einer den status-quo aufrechterhaltende Entscheidungsmöglichkeit den Vorzug geben. Aber die Studie enthält somit auch für Inhaftierte die tröstliche Erkenntnis, dass es anscheinend doch nicht darauf ankommt, was der Richter vor der Verhandlung gegessen hat, sondern nur darauf, dass der Richter überhaupt -möglichst direkt vor der Verhandlung- eine Essenspause eingelegt hat.

Fundstelle: „Extraneous factors in judicial decisions“ in der Zeitschrift: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS), April 11, 2011, doi: 10.1073/pnas.1018033108

Laut Presserklärung des Verwaltungsgerichts Berlin besteht ein Informationsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) auch für Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin mit Urteil vom 01.12.2011, Az. VG 2 K 91.11 entschieden, es gab damit der Klage auf Auskunft über die im November 2009 erstellte Ausarbeitung „Die Suche nach außerirdischem Leben und die Umsetzung der Resolution A/33/426 der Vereinten Nationen zur Beobachtung unidentifizierter Flugobjekte und extraterrestrischen Lebensformen“ des Wissenschaftlichen Dienstes statt. Das begründete das Verwaltungsgericht Berlin damit, dass der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages lediglich der Vermittlung von Wissen und Information diene, er selbst verrichte aber keine parlamentarische Arbeit. Der wissenschaftliche Dienst stellt somit eine Behörde im Sinne des IFGs dar und muss daher auch Auskünfte erteilen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das Verwaltungsgericht die Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen.

Fundstellen: Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 01.12.2011, Az. VG 2 K 91.11; Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 01.12.2011; Vorbericht mit allgemeinen Informationen zum IFG

Wie berichtet, sind noch mindestens 13 Richter in Brandenburg tätig, die früher mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR zusammengearbeitet haben. In meinem Blogeintrag vom 04.11.2011 hatte ich meine Befürchtungen bereits angedeutet, dass insoweit ein Zusammenhang mit der restriktiven Rechtsprechung der Gerichte zur Aufhebung von rechtsstaatswidrigen DDR-Gerichtsurteilen (Rehabilitierung) bestehen könnte. Jetzt hat der Justizminister Brandenburgs, Herr Volkmar Schöneburg, nach Medienberichten eingeräumt, „dass seit 1990 sechs von insgesamt 13 belasteten Richtern Prozesse geleitet haben, in denen es um die Rehabilitierung von DDR-Unrechtsopfern und die Rückgabe von Vermögen ging.“ Das OVG Berlin-Brandenburg hatte mit Beschluss vom 28. Oktober 2011, Az. 10 S 33.11, im einstweiligen Rechtsschutz entschieden, dass die Identitäten der Richter (noch) nicht offen gelegt werden müssen.

Fundstellen: Bericht in der Zeitung Potsdamer Neueste Nachrichten vom 16.12.2011, Blogeintrag vom 04.11.2011, Allgemeine Informationen zum Strafrechtsrehabilitierungsgesetz

Laut dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (OVG) vom 28.10.2011, Az. OVG 10 S 33.11, besteht zumindest im einstweiligen Rechtsschutz kein Anspruch auf Auskunft über die Identität von Richtern und Staatsanwälten, die früher mit der Staatssicherheit der DDR zusammengearbeitet haben. Der Chefreporter einer überregionale Zeitung hatte Auskunft über 13 Richter und einen Staatsanwalt beim Justizministerium von Brandenburg verlangt, um Hinweisen über deren Verstrickung mit dem Geheimdienst der DDR nachzugehen. Die Zeitung habe keinen Anspruch auf Offenlegung der Identität der betroffenen Richter und Staatsanwälte, entschied nun das OVG. Es bestehe nur ein Anspruch auf Mitteilung von dem gegenwärtigen Einsatzort der Richter und des Staatsanwalts, soweit dabei deren Anonymität gewahrt bleibe. Der Anspruch läuft daher auch insoweit weitgehend leer.  In Brandenburg gibt es nach Angaben des Ministeriums 152 vorbelastete Justizmitarbeiter, neben 12 Mitarbeitern bei der Staatsanwaltschaft (darunter einem Staatsanwalt) und 76 Bediensteten bei weiteren Behörden befinden sich 64 Mitarbeiter bei Gerichten (darunter 13 Richter). Bei denen es sich um ehemalige haupt- oder nebenberuflichen Mitarbeitern des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit handelt. Zu betroffenen Rechtsanwälten liegen laut Ministerium keine Daten vor. Der Beschluss des OVG Berlin-Brandenburgs erging im einstweiligen Rechtsschutz, dabei wird der Anspruch nicht abschließend geprüft, es erfolgt vielmehr eine Güterabwägung, wobei auch die Frage der Vorwegnahme der Hauptsache eine Rolle spielt. Daher ist keine Vorentscheidung für das Hauptsacheverfahren gefallen, dennoch gibt der Beschluss Anlass auf die Studie von Jörg Siegmund von der Ludwig-Maximilians-Universität München vom 11. Februar 2011 zur Fragestellung hinsichtlich „Brandenburgs Umgang mit ehemals politisch Verfolgten und Benachteiligten im Vergleich mit den anderen neuen Ländern“ hinzuweisen. Die Studie kommt in ihrem Fazit unter Punkt 3 zu dem folgenden Schluss:  „Die quantitative Auswertung zum Stand der Wiedergutmachung hat ergeben, dass die Anerkennungs- und Bewilligungsquoten in Brandenburg bei der verwaltungsrechtlichen und beruflichen Rehabilitierung, der sogenannten Opferrente und der Versorgung der Gesundheitsschäden teilweise deutlich unter den entsprechenden Quoten der anderen neuen Länder liegen. Die Gründe für diese aus Sicht der Betroffenen sehr unbefriedigende Situation sollten zwischen der zuständigen Verwaltung, den Verfolgtenverbänden und der Aufarbeitungsbeauftragten intensiv erörtert werden, um mehr Transparenz und gegebenenfalls eine Verbesserung für die Betroffenen zu erreichen.“ Allgemeine Informationen zum Rehabilitierungsverfahren finden Sie hier.

Fundstellen: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Oktober 2011, Az. OVG 10 S 33.11, Pressemittelung vom 03.11.2011; Antwort der Landesregierung Brandenburg auf die Kleine Anfrage 1201 vom 13.04.2011; Mitteilung des Justizministeriums Brandenburg vom 04.05.2011; Studie „Brandenburgs Umgang mit ehemals politisch Verfolgten und Benachteiligten im Vergleich mit den anderen neuen Ländern“ von Jörg Siegmund, Ludwig-Maximilians-Universität München, 11. Februar 2011  

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