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Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) hat laut Pressemitteilung vom 25.04.2013 mit Urteil vom selben Tag (Az. L  36 AS 2095/12 NK) entschieden, dass die Berliner Wohnaufwendungenverordnung (WAV) unwirksam ist. In der WAV werden allgemeine Richtwerte festgelegt bis zu denen die Kosten für eine Mietwohnung eines Hartz-IV-Empfängers von den Berliner Jobcentern regelmäßig übernommen werden müssen (vgl. Blogartikel vom 05.04.2012: „Berlin: Neue Mietrichtwerte ab 01. Mai 2012 für für Hartz-IV-Bezieher“). Nach Ansicht des Landessozialgerichts wurde der Wert für die Heizkosten methodisch falsch hergleitet und verstößt somit gegen die gesetzlichen Vorgaben des Sozialgesetzbuches 2  (SGB II). Entgegen der Berichterstattung in den Medien hat das Landessozialgericht damit keinerlei Aussage darüber getroffen, ob die in der Verordnung niedergelegten Werte zu hoch, angemessen oder zu niedrig sind.

Fundstellen: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.04.2013, Az. L  36 AS 2095/12 NK, Pressemitteilung vom 25.02.2013, Blogartikel vom 05.04.2012: „Berlin: Neue Mietrichtwerte ab 01. Mai 2012 für für Hartz-IV-Bezieher“

Das Land Berlin hat eine Rechtsverordnung zur Neuregelung der angemessenen Höhe der Miete von Hartz-IV-Beziehern erlassen. Das war deshalb notwendig, weil das Gesetz in § 22 SGB II lediglich geregelt, dass die Jobcenter Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen übernehmen müssen, soweit diese angemessen sind. Bisher wurde die konkrete Mietobergrenze, die die Berliner Jobcenter zu übernehmen bereit waren, in der Verwaltungsvorschrift AV-Wohnen geregelt. Diese hatte das Bundessozialgericht bereits mit Urteil vom 19.10.2010, Az. B 14 AS 50/10 R, für nicht rechtsverbindlich erklärt (vgl. Blogartikel vom 17.01.2012 „Sozialrechtliche Bilanz 2011“). Dennoch wurden diese Richtwerte von den Berliner Jobcentern weiter angewendet, teilweise wurden mit der AV-Wohnen sogar Aufforderungen die Wohnung zu wechseln begründet (vgl. Blogartikel vom 07.03.2012 „Zahl der Zwangsumzüge von Arbeitslosengeldempfängern seit 2009 verdoppelt“). Die neue Rechtsverordnung sieht nun Steigerungen der Mietobergrenzen vor, die Richtwerte lauten generell für einen 1-Personenhaushalt 394,00 €, für einen 2-Personenhaushalt 472,50 €, für einen 3-Personenhaushalt 578,00 €, für einen 4-Personenhaushalt 665,00 € und für einen 5-Personenhaushalt 766,00 €. Laut Pressemitteilung des Berliner Senats vom 03.04.2012 sollen die Richtwerte an den Berliner Mietspiegel gekoppelt werden. Hinsichtlich der Heizkosten soll nach dem verwendeten Energieträger (Heizöl/Erdgas/Fernwärme) und hinsichtlich der Wohnungsgröße differenziert werden. Aller Voraussicht nach sollen die neuen Werte ab dem 01.05.2012 gelten. Den Wortlaut der neuen Verordnung können Sie hier nachlesen, die konkreten Mietrichtwerte ergeben sich aus der Anlage 2 zu § 4 der Verordnung.

Fundstellen: Verordnung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Wohnaufwendungenverordnung – WAV) vom 03. April 2012, Anlage 2 zu § 4 der Verordnung; Pressemitteilung des Berliner Senats vom 03.04.2012; Allgemeine Informationen zum Sozialrecht

Auch 2011 wurden zahlreiche Empfänger von Arbeitslosengeld II von den Berliner Jobcentern mit der Begründung zum Umzug aufgefordert, dass deren Wohnkosten unangemessen hoch seien. Die Berliner Jobcenter richten sich dabei zumeist nach den Ausführungsvorschriften zur Gewährleistung von Leistungen gemäß § 22 SGB II und §§ 29 und 34 SGB XII (AV-Wohnen). Danach soll für einen 2-Personen-Haushalt beispielsweise eine maximale Bruttowarmmiete von 444,00 € angemessen sein. Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen sind dabei bereits Bestandteil der Bruttowarmmiete. Das Jobcenter übernimmt bei einem Überschreiten der Richtwerte die Miete regelmäßig nicht länger als 6 Monate, danach fordert es die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft auf, die Wohnung zur Kostenreduzierung zu wechseln. Die Mietkosten werden dann regelmäßig nur noch in Höhe der Richtwerte der AV-Wohnen übernommen, was zur Folge haben kann, dass es den betroffenen Arbeitslosengeldempfängern an den nötigen Mitteln fehlt, die laufende Miete zu begleichen. In der Folge kann entsprechend zur Anhäufung von Mietschulden und dem Ausspruch von Kündigungen durch die Vermieter wegen Zahlungsverzuges kommen. Gerade die folgenden Räumungsklagen können für die bedürftigen Mieter dann durchaus äußerst kostspielig enden. Daran hat selbst das Urteil des Bundessozialgerichts vom 19.10.2010, Az. B 14 AS 50/10 R, nichts Grundlegendes ändern können, darin stellte das Bundessozialgericht fest, dass hinsichtlich der Richtwerte der AV-Wohnen ein schlüssiges Konzept zu deren Berechnung nicht erkennbar sei. Zudem sei die AV-Wohnen als Verwaltungsvorschrift in Bezug auf die betroffenen Arbeitslosen ohnehin nicht rechtsverbindlich (vgl. „Sozialrechtliche Bilanz 2011“ vom 17.01.2012).

Laut der Antwort der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales auf die kleine Anfrage der Abgeordneten, Frau Elke Breitenbach und Frau Kathrin Lompscher (beide „Die Linke“), vom 23.01.2012 erhielten in Berlin im Jahr 2011 durchschnittlich 99.148 Bedarfsgemeinschaften Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU) oberhalb der Richtwerte der Ausführungsvorschrift Wohnen (AV-Wohnen). Die meisten davon leben im Bezirk Mitte (14.027). Zu bedenken ist dabei, dass einer Bedarfsgemeinschaft zahlreiche Personen angehören können. Von den 99.148 Bedarfsgemeinschaften wurden 2011 insgesamt 65.511 aufgefordert die Wohnungskosten zu senken. Die Zahl der Zwangsumzüge stieg von 428 im Jahr 2009 auf 1.313 im Jahr 2011. Dabei werden allerdings nur die Umzüge innerhalb eines Bezirks erfasst, nicht die Umzüge über die Bezirksgrenzen hinaus. Die tatsächliche Anzahl der Zwangsumzüge dürfte daher noch deutlich höher liegen. Das erstaunt auch kau, da die Richtwerte seit 2005 trotz steigender Mieten kaum angepasst wurden. Die Senatsverwaltung hat nun immerhin angekündigt, im ersten Halbjahr 2012 eine rechtsverbindliche Rechtsverordnung zur Bestimmung der angemessenen Höhe der Wohnkosten zu beschließen.

Fundstellen: Antwort der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales auf die kleine Anfrage vom 23.01.2012, Drucksache Nr. 17/10149; Ausführungsvorschriften zur Gewährleistung von Leistungen gemäß § 22 SGB II und §§ 29 und 34 SGB XII (AV-Wohnen) vom 10.02.2009; Bundessozialgericht, Urteil vom 19.10.2010, Az. B 14 AS 50/10 R; Allgemeine Informationen zum Sozialrecht

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