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Der Koalitionsvertrag sieht für das Arbeitsrecht eine ganze Reihe von Neuerungen vor. Die Koalition aus SPD, FDP und Grünen hat sich auf die Anhebung des Mindestlohnes auf 12,00 € pro Stunde geeinigt. Flexible Arbeitszeitmodelle sollen ermöglicht werden. Experimentierräume sollen auch die begrenzte Möglichkeit zur Abweichung hinsichtlich der Tageshöchstarbeitszeit vorsehen. Das Homeoffice soll als eine Möglichkeit der Mobilen Arbeit rechtlich von der Telearbeit und dem Geltungsbereich der Arbeitsstättenverordnung abgegrenzt werden. Coworking-Spaces werden begrüßt. Es soll einen  Erörterungsanspruch über mobiles Arbeiten und Homeoffice geben. Der Arbeitgeber darf den Wunsch des Arbeitnehmers nach einer Arbeit im Homeoffice nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ablehnen.

Die Midi-Job-Grenze wird auf 1.600,00 € erhöht. Die Minijob-Grenze wird sich zukünftig an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientieren und damit auf 520,00 € monatlich erhöht werden. Die Einhaltung des geltenden Arbeitsrechts soll bei den Mini-Jobs stärker kontrolliert werden.

Im öffentlichen Dienst soll (endlich) die Möglichkeit der Haushaltsbefristung abgeschafft werden. Sachgrundlose Befristungen will der Bund als Arbeitgeber Schritt für Schritt abbauen. Kettenbefristungen (mit Sachgrund befristete Arbeitsverträge beim selben Arbeitgeber) sollen auf sechs Jahre befristet werden, wobei in Ausnahmefällen ein Überschreiten dieser Höchstdauer weiterhin möglich sein soll.

Für Saisonbeschäftigte soll für den vollen Krankenversicherungsschutz ab dem ersten Tag der Beschäftigung gesorgt werden.

Online-Betriebsratswahlen sollen erprobt werden. Betriebsräte sollen selbst entscheiden können, ob sie analog oder digital arbeiten wollen. Die Staatsanwaltschaft soll die Straftat der Behinderung der demokratischen Mitbestimmung aus dem Betriebsverfassungsgesetz in Zukunft von Amts wegen aufklären müssen (und nicht wie bisher nur auf Antrag tätig werden).

Die Weiter- und Fortbildung soll unterstützt werden. Es soll hier einer Erweiterung des Bafögs für die Weiterbildung geben. Ein Qualifizierungsgeld, das an das Kurzarbeitergeld angelehnt ist, soll eingeführt werden. Für Arbeitslose soll klargestellt werden, dass die Vermittlung in Arbeit keinen Vorrang vor einer beruflichen Aus- und Weiterbildung hat. Durch ein Weiterbildungsgeld von 150,00 € monatlich soll ein wirksamer Anreiz zur Weiterbildung für alle Arbeitslosen entstehen.

Fundstelle: Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, „Mehr Fortschritt wagen Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ vom 24.11.2021

Das Strafrecht soll nach dem Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Grünen wieder zur Ultima Ratio (letztes Mittel) werden. Das ist erfreulich, dem Ansatz widerspricht allerdings, dass Teile des Tierschutzrechts in das Strafrecht überführt werden sollen und dass das maximale Strafmaß erhöht werden soll. Dafür soll das strafrechtliche Verbot der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch nach § 219a StGB gestrichen werden, damit Ärztinnen und Ärzte öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen.

Es soll die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften eingeführt werden, damit die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet werden kann. Es dürfte daher zu erwarten sein, dass auch die Strafbarkeit der Betäubungsmitteldelikte im Hinblick auf Cannabis entsprechend angepasst wird.

Der Straftatbestand der Behinderung der Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz (§ 119 Abs. 1 BetrVG) soll von einem Antragsdelikt zu einem Offizialdelikt hochgestuft werden.

Nach dem Koalitionsvertrag soll eine Regelung geschaffen werden, dass Vernehmungen und Hauptverhandlung in Bild und Ton aufgezeichnet werden müssen (audiovisuelle Beweisaufnahme). Gleichzeitig sollen die Gerichtsverfahren schneller und effizienter werden, ohne dass dabei aber die Rechte der Beschuldigten und deren Verteidigung beeinträchtigt werden.

Die Regelungen zum Einsatz von V-Personen, zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung, zur Online-Durchsuchung und zur anlasslosen und verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung sollen überarbeitet werden. Die staatlich veranlasste Tatprovokation einer Straftat soll grundsätzlich verboten werden.

Fundstelle: Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, „Mehr Fortschritt wagen Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit vom 24.11.2021

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