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Die vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages erstellte Ausarbeitung „Die Suche nach außerirdischem Leben und die Umsetzung der Resolution A/33/426 der Vereinten Nationen zur Beobachtung unidentifizierter Flugobjekte und extraterrestrischen Lebensformen“ muss nicht veröffentlicht werden. Das Oberverwaltungsgericht hob eine anders lautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin im Berufungsverfahren auf (vgl. Blogartikel vom 08.12.2011: „Es besteht ein Informationsrecht über Ufos!“ und Blogartikel vom 22.11.2011: „Besteht ein Informationsrecht über Ufos?“). Das Oberverwaltungsgericht begründet die Entscheidung damit, dass die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes im Auftrag eines Abgeordneten erstellt worden sei und daher einen engen Mandatsbezug aufweise. Die parlamentarische Tätigkeit der Abgeordneten werde aber vom Informationsfreiheitsgesetz nicht erfasst. Das Oberverwaltungsgericht folgte damit dem Argument des Verwaltungsgerichts Berlin, dass der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages lediglich der Vermittlung von Wissen und Information diene und selbst aber keine parlamentarische Arbeit verrichte, nicht.

Fundstelle: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.11.2013, Az. OVG 12 B 3.12, Pressemitteilung Nr. 26/13

Eine ehemalige Kanusportlerin aus der DDR hat vor dem Sozialgericht Berlin eine Opferentschädigungsrente erstritten (Urteil vom 27.09.2013, Az. S 181 VG 167/07). Die damals sechzehn Jahre alte Sportlerin hatte von ihrem Trainer ohne ihr Wissen blaue Dopingpillen verabreicht bekommen. Diese sollten den Aufbau von Muskelmasse zu erleichtern und die körperliche Leistungsfähigkeit steigern. Die Sportlerin erkrankte im Alter von 32 Jahren an Brustkrebs. Später litt sie auch an Hautkrebs und unter weiteren  körperlichen und psychischen Erkrankungen. Die Klägerin erhielt deswegen eine Einmalhilfe nach dem Dopingopfer-Hilfegesetz in Höhe von 6000,00 €. Die beantragte Rente nach dem Opferentschädigungsgesetz wurde dagegen abgelehnt. Dagegen erhob die ehemalige Kanutin Klage und erhielt vom Sozialgericht Berlin Recht. Das Gericht würdigte dabei insbesondere die besondere Situation in einer Kinder- und Jugendsportschule in der DDR, in der sich die noch junge Sportlerin befunden hat. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass man der Klägerin keine Einwilligung zum Doping unterstellen könne, die Klägerin habe damals keine Vorstellung von der eigentlichen Bedeutung der Präparate und deren möglichen Spätfolgen gehabt. Zudem sah es das Gericht als erwiesen an, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der Dopingeinnahme und der Brustkrebserkrankung bestanden hat. Allerdings hat das Gericht in dem konkreten Fall die Opferrente auf eine Dauer von nur sechs Monaten beschränkt.

Fundstelle: Sozialgericht Berlin, Urteil vom 27.09.2013, Az. S 181 VG 167/07, Pressemitteilung vom 27.09.2013

Der Bundesrat hat am 11.10.2013 der Erhöhung der Leistungen für Bezieher von Hartz IV (Arbeitslosengeld 2) um 2,27 % zugestimmt, die Regelleistung für Alleinstehende beträgt ab dem kommenden Jahr 391,00 €. Nach der beschlossenen Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2014 (RBSFV2014) beträgt der Regelsatz für zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen, dann jeweils 353,00 €. Für Kinder von bis zu fünf Jahren beträgt die Hartz-IV-Leistung dann 229,00 €, für Kinder zwischen zwischen sechs bis dreizehn Jahren 261,00 € und für Kinder zwischen vierzehn bis siebzehn Jahren 296,00 €.

Fundstellen: Bundesrat, Beschluss vom 11.10.2013, Drucksache 673/13, Pressemitteilung Nr. 225/2013,  Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2014

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 15.10.2013, Az. 1 ABR 31/12, entschieden, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer untersagen kann, den für dienstliche Zwecke zur Verfügung gestellten personenbezogenen E-Mail-Account zu benutzen, um für den Streik einer Gewerkschaft in dem Betrieb aufzurufen. Der Arbeitgeber hatte in dem entschiedenen Fall die Nutzung des Intranets ausschließlich für dienstliche Zwecken gestattet. Der Arbeitnehmer, der auch Vorsitzender des Betriebsrates war, verschickte dennoch über das betriebliche Intranet einen Aufruf zum Warnstreik an alle Mitarbeiter. Dem Arbeitgeber steht dagegen nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts kein Anspruch auf Unterlassung unter dem Aspekt einer etwaigen Verletzung des arbeitskampfrechtlichen Neutralitätsgebots des Betriebsrats zu. Allerdings kann sich der Arbeitgeber als Eigentümer des Intranets auf seinen allgemeinen Unterlassungsanspruch gegen den betroffenen Arbeitnehmer als Störer berufen.

Fundstellen: Bundesarbeitsgericht, Beschluss 15.10.2013, Az. 1 ABR 31/12, Pressemitteilung Nr. 62/13

Die 55. Kammer des Sozialgerichts Berlin hält bekanntermaßen die aktuelle Höhe der Regelleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (Hartz IV) für zu niedrig und damit für verfassungswidrig, das entschied das Sozialgericht Berlin mit Beschluss vom 25.04.2012, Az. S 55 AS 9238/12. Folgerichtig legte das Sozialgericht Berlin die Frage der Verfassungswidrigkeit der derzeitigen Ausgestaltung von Hartz IV dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor (vgl. Blogartikel vom 26.04.2013: „Sozialgericht Berlin: Auch neue Hartz-IV-Regelsatzberechnung verfassungswidrig“). Das Bundessozialgericht entschied dagegen mit Urteil vom 28.03.2013, Az. B 4 AS 12/12 R, dass die derzeitige Höhe der Hartz-IV-Leistungen nicht zu beanstanden sei. Entsprechende Beschwerdeverfahren sind immer noch beim Bundesverfassungsgericht anhängig (Az. 1 BvR 1691/13, 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12). Eine Entscheidung des Verfassungsgerichts ist noch nicht ergangen. Der paritätische Wohlfahrtsverband hat im Rahmen dieser Verfahrens zwei Gutachten durch Dr. Rudolf Martens und Dr. Joachim Rock vorgelegt, die beide zu dem Schluss kommen, dass auch die derzeitige Berechnung der Regelleistungen für hilfsbedürftige Arbeitssuchende verfassungswidrig ist. Nach den Gutachten wurden in dem Bedarfsbemessungsverfahren  Eingriffe in das sich nach dem Statistikmodell ergebende Verfahren vorgenommen, ohne dass das durch sachlogische Bezüge konstruiert werden könnte. Das Berechnungsverfahren der Regelsätze sei daher intransparent und nicht sachgerecht. Zumal in der ausgewählten Referenzgruppe u. a. Haushalte von Empfängern von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz enthalten waren. Die damalige Höhe der Leistungen für Asylbewerber ist aber inzwischen selbst vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden. Das führe zu Verzerrungen bei der Berechnung und stelle einen verbotenen Zirkelschluss dar. Es fehle insbesondere auch  an einer verfassungskonformen Berechnung im Hinblick auf den spezifischen Bedarf von Kindern. Zudem sei die Berechnung der Regelsatzhöhe intransparent und trage der verdeckten Armut nicht ausreichend Rechnung. Der Mobilitätsbedarf von Ein-Personen-Haushalten und Haushalten mit Kindern sei in der Berechnung ebenfalls unzureichend berücksichtigt worden. Letztlich werde der Ermessensspielraum des Gesetzgebers auch deshalb eingeschränkt, weil die Variation des Anteils der Personen, die länger als zwei Jahre im SGB II-Bezug sind, bundesweit betrachtet gering sei. Diese Personen seien aber stärker von einem zu niedrigen Regelsatz betroffen, falls dieser unterhalb der Kosten für den benötigten Konsum des Haushaltes liege.

Fundstellen: Bundessozialgericht, Urteil vom 28.03.2013, Az. B 4 AS 12/12 R, Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 25.04.2012, Az. S 55 AS 9238/12, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Gutachten  vom 28.09.2013, Gutachten vom 29.08.2013

Ausländer, die sich in Deutschland allein zum Zwecke der Arbeitssuche aufhalten, sind nach dem Sozialgesetzbuch II vom Anspruch auf Hartz IV (Arbeitslosengeld 2) ausgeschlossen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat nun  mit Urteil vom 10.10.2013, Az. L 19 AS 129/13, entschieden, dass der Ausschluss dann nicht mehr greift, wenn die EU-Ausländer seit über einem Jahr erfolglos versucht haben, eine Arbeitsstelle zu finden und  die Arbeitssuche auch für die Zukunft objektiv nicht erfolgversprechend sei. Das Gericht sprach daher der rumänischen Familie, die seit 2009 in Gelsenkirchen von Kindergeld und dem Verkauf von Straßenzeitungen lebte, das Recht zu, Hartz-IV-Leistungen in Anspruch zu nehmen. Damit hat das Landessozialgericht entschieden, dass EU-Bürger ohne Aufenthaltsgrund im Sinne des gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsrechts ein Anspruch auf Hartz IV zusteht. Das Landessozialgericht hat mit dem Urteil allerdings nicht abschließend entscheiden, ob der Leistungsausschluss für EU-Bürger nicht ohnehin unwirksam ist. Das Bundessozialgericht hatte bereits mit Urteil vom 30.01.2013, Az. B 4 AS 54/12 R, Rn 28, im Rahmen der erfolgreichen Klage einer schwangeren Bulgarin bereits erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses mit dem geltenden EU-Recht geäußert (vgl. auch Blogartikel vom 15.01.2013: „Flut rechtswidriger Hartz-IV-Bescheide hält an – Hartz IV für EU-Angehörige“).

Fundstellen: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.10.2013, Az. L 19 AS 129/13, Pressemitteilung vom 10.10.2013; Bundessozialgericht, Urteil vom 30.01.2013, Az. B 4 AS 54/12 R

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat Beschluss vom 17.09.2013 entscheiden, dass die Beobachtung des ehemaligen Bundestagsabgeordneten und jetzigen thüringischen Landtagsabgeordneten, Bodo Ramelow, von der Partei „Die Linke“ rechtswidrig war. Seit 1986 sammelt der Verfassungsschutz Informationen über den Abgeordneten allein aufgrund von seiner Mitgliedschaft in der Partei „Die Linke“. Hiergegen hat Herr Ramelow Verfassungsbeschwerde erhoben. Das Bundesverfassungsgericht entschied nun, dass die Beobachtung gegen das verfassungsrechtlich geschützte freie Mandat verstößt. Der Schutz des freien Mandats umfasst nach dem Beschluss eine von staatlicher Beeinflussung freie Kommunikationsbeziehung zwischen den Abgeordneten und den Wählern. Darüber hinaus ist zudem die Freiheit des Abgeordneten von exekutiver Beobachtung, Beaufsichtigung und Kontrolle geschützt. Eine langjährige Beobachtung durch den Verfassungsschutz könne nur beispielsweise dann gerechtfertigt sein, wenn der Abgeordnete sein Mandat zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht oder diese aktiv und aggressiv bekämpft. Wenn aber -wie im vorliegenden Fall- festgestellt wurde, dass der Abgeordnete individuell nicht verdächtig ist, verfassungsfeindliche  Bestrebungen zu verfolgen, scheidet eine derartige Beobachtung durch den Verfassungsschutz aus. Das Bundesverfassungsgericht hob damit, das anders lautende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.07.2010, Az. 6 C 22.09, auf.

Fundstellen: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17.09.2013, Az. 2 BvR 2436/10, 2 BvE 6/08, Pressemitteilung Nr. 60/2013; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21.07.2010, Az. 6 C 22.09; Presseerklärung „Tränen in den Augen“ des Abgeordneten Bodo Ramelow vom 09.10.2013

Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil des Landgerichts Dortmund aufgehoben, mit dem der Beschuldigte wegen Nachstellung (sogenanntes Stalking), Körperverletzung, Bedrohung und versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Zudem hatte das Landgericht angeordnet, dass der Beschuldigte wegen einer Erkrankung am Borderline-Syndrom in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht wird. Der Beschuldigte soll innerhalb eines Jahres zahlreiche unerwünschte Nachrichten an eine Urlaubsbekanntschaft, deren Eltern und ihrem Lebensgefährten übersandt haben. In den Nachrichten soll der Beschuldigte massive Drohungen ausgesprochen haben. Außerdem soll der Beschuldigte eine Sachbeschädigung am Hause der Eltern begangen haben. In der Folge des angeblichen Verhaltens des Beschuldigten sollen die Betroffenen an Schlafstörungen, Angstzuständen und Albträumen gelitten und ihre Lebensgestaltung eingeschränkt haben. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Landgerichts Dortmund nunmehr aufgehoben und die unverzügliche Freilassung des Angeklagten angeordnet, wie das Gericht mit Pressemitteilung vom 09.10.2013 bekannt gab. Der Bundesgerichtshof sah die Urteilsbegründung hinsichtlich der Körperverletzung als fehlerhaft an. Zudem hat es Zweifel an der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen des Delikts des Stalkings angemeldet, da eine derartige Einweisung nur dann ergehen kann, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte Delikte begehen, die zumindest der mittleren Kriminalität zuzurechnen sind. Die zu erwartenden Straftaten müssen zudem den Rechtsfrieden empfindlich stören und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung erheblich beeinträchtigen können. Das dürfte bei dem Delikt der Nachstellung (Stalking) zweifelhaft sein.

Fundstellen: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.07.2013, Az. 4 StR 168/13; Pressemitteilung Nr. 167/13

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 25.09.2013, 10 AZR 282/12, erneut festgestellt, dass es bei der Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag oder ein Werkvertrag vorliegt, auf die tatsächliche Durchführung eines Vertrages und nicht auf dessen Bezeichnung ankommt. Entscheidend sprechen demnach für das Vorliegen eines Arbeitsvertrags die persönlich Abhängigkeit und die Weisungsgebundenheit eines Angestellten. In dem vom Gericht zu entscheidenden Fall war der klagende Arbeitnehmer im Rahmen mehrerer Werkverträge für das Bayerische Landesamts für Denkmalpflege tätig. Auf der Dienststelle des Landesamtes verrichtete er seine Arbeit zu regelmäßigen Dienstzeiten und benutze deren Computer und EDV-System. Das spricht in dem konkreten Fall nach der Entscheidung des Gerichts und der Vorinstanzen im Rahmen einer Gesamtschau für das Vorliegen eines Arbeitsvertrages.

Fundstellen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.09.2013, 10 AZR 282/12, Pressemitteilung Nr. 55/13

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat (erneut) entschieden, dass ein von ihm selbst erlassener Beschluss den Anspruch auf rechtliches Gehör eines Angeklagten selbst dann nicht verletzt, wenn der Bundesgerichtshof eine Revision des Angeklagten durch Beschluss ohne jede Begründung verwirft. Nach Auffassung des Bundesgerichtshof war in dem zu entscheidenden Fall davon auszugehen, dass das Gericht das Revisionsvorbringen der Verurteilten in vollem Umfang bedacht und gewürdigt habe, es aber nicht für durchgreifend erachtet habe. Darauf müsse sich der Angeklagte dann wohl verlassen, ohne dass ihm eine irgendwie geartete Möglichkeit der Überprüfung zur Verfügung steht, zumal selbst der Beschluss hinsichtlich der Anhörungsrüge nur formelhaft begründet wurde (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.08.2013, Az. 2 StR 87/13). Nach der Auffassung des Gerichts ergeben sich die für die Zurückweisung der Revision maßgeblichen Gründe aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und dem Inhalt der Antragsschrift des Generalbundesanwalts. Das Bundesverfassungsgericht hält dieses Vorgehen zwar grundsätzlich für unbedenklich (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20.6.2007, Az. 2 BvR 746/07), insoweit dürfte aber auch zu bedenken sein, dass von den fünf zuständigen Richtern beim Bundesgerichtshof offenbar nur zwei überhaupt die Akte lesen, wenn die Revision -wie hier- als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird (vgl. Presseerklärung des Deutschen Anwaltvereins (DAV) und des Strafverteidigertages vom 12.03.2013, Nr. 09/13). Es dürfte insoweit jedenfalls erforderlich sein, dass sich zumindest aus der Begründung des Beschlusses über die Nichtanhörungsrüge entnehmen lässt, weshalb das Gericht die mit der Revision vorgebrachte Argumentation für nicht durchgreifend hält, damit sich der Angeklagte damit inhaltlich auseinandersetzen und in die Lage versetzt wird, die Gründe kritisch zu prüfen. Die reine Bezugnahme auf den Inhalt der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dürfte man wohl kaum als zufriedenstellend ansehen können.

Fundstellen: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.08.2013, Az. 2 StR 87/13; Deutscher Anwaltverein, Pressemitteilung vom 12.03.2013, Nr. 09/13; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20.6.2007, Az. 2 BvR 746/07

Die Mutter einer zweijährigen Tochter erhielt trotz Rechtsanspruches in Rheinland-Pfalz, keinen Platz in der Kindertagesstätte (Kita) für ihr Kind zur Verfügung gestellt. Deshalb musste die Mutter ihr Kind mehrere Monate in der Kinderkrippe einer privaten Elterninitiative unterbringen. Dadurch entstanden der Mutter Kosten in Höhe von zirka 2.200,00 €. Diese Kosten muss ihr nun das Bundesland erstatten, entschied das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 12.09.2013, Az. 5 C 35.12. Nach dem Urteil des Gerichts ergibt sich der Anspruch auf Aufwendungsersatz unter bestimmten Bedingungen aus dem Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII), wenn ein Anspruch auf Jugendhilfeleistungen von der zuständigen Stelle nicht erfüllt wird und der Leistungsberechtigte sich die Hilfe anderweitig selbst beschaffen muss.

Fundstellen: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12.09.2013, Az. 5 C 35.12, Pressemitteilung Nr. 66/2013

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage einer Mitarbeiterin einer Werbeagentur abgewiesen, das vom Arbeitgeber ausgesprochene Hausverbot für ihre dreibeinige Hündin aufzuheben. Nach Ansicht des Arbeitsgerichts darf der Arbeitgeber seiner Mitarbeiterin untersagen, die Husky-Hündin mit zur Arbeit zu nehmen, wenn diese die Arbeitsabläufe stört. Der Geschäftsführer und einige Mitarbeiter der Werbeagentur sollen sich durch die angeblich knurrende und bellende Hündin bedroht gefühlt haben. Zudem soll die Hündin streng gerochen haben. Anderen Mitarbeitern erlaubt der Arbeitgeber weiter, ihre Hunde mit zur Arbeit zu bringen. Das Gericht argumentiert, dass durch das Verhalten der Hündin die Kommunikation in der Werbeagentur eingeschränkt worden sei und sich einige Mitarbeiter nicht mehr wohl gefühlt hätten. Das müsse der Arbeitgeber nicht hinnehmen, das ausgesprochene Hausverbot für die Hündin sei demnach rechtmäßig. Die klagende Hundehalterin hatte hilfsweise beantragt, dass statt des Hausverbots für das Tier Trainings am Arbeitsplatz mit einem Hundetrainer durchgeführt werden. Auch diesen Antrag lehnte das Arbeitsgericht ab, da es hierfür keine Anspruchsgrundlage sah. Die Klägerin kann noch Berufung gegen das Urteil einlegen.

Fundstellen: Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 04.09.2013, Az. 8 Ca 7883/12, Pressemitteilung Nr. 50/13

Seit der Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) berechtigen viele Diskriminierungen zu einem Anspruch auf Schmerzensgeld, Schadensersatz oder Unterlassung. Zudem ist die gerichtliche Durchsetzbarkeit aufgrund der im Gesetz vorgesehenen Beweiserleichterungen als durchaus gut anzusehen. Das Amtsgericht Hannover hat zum Beispiel gerade einen Diskothekenbetreiber zu Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 € wegen Diskriminierung verurteilt. Ein Gast war in der Disko aufgrund seiner ethnischen Herkunft -er stammt als Kind einer kurdischen Familie aus der Türkei- abgewiesen worden, weil dort männliche Ausländer nicht erwünscht waren. Das Amtsgericht Hannover entschied weiter, dass der beklagte Diskothekenbetreiber dem Kläger nicht mehr den Zutritt zu seiner Diskothek wegen des Migrationshintergrundes versagen darf.

Fundstelle: Amtsgericht Hannover, Pressemitteilung vom 14.08.2013

Bei einer Blaulichtfahrt gilt für den Fahrer des Einsatzfahrzeuges eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Der Fahrer eines Feuerwehrwagens war im Juli 2011 an einer Kreuzung mit einem Linienbus kollidiert. Die Ampel der Kreuzung zeigte für das Feuerwehrfahrzeug rot und für den Bus grün. Der Feuerwehrmann hatte das Blaulicht rechtzeitig angestellt, bremste aber erst zirka 40 Meter vor der Unglücksstelle scharf ab, so dass das von ihm geführte Einsatzfahrzeug den Bus immer noch mit zirka 43 km/h rammte. Dadurch starben zwei Personen im Bus und siebzehn wurden verletzt. Im Feuerwehrwagen wurden ebenfalls fünf Personen (der angeklagte Feuerwehrmann eingeschlossen) verletzt. Das Landgericht Hamburg verurteilte den Fahrer des Einsatzfahrzeuges mit Urteil vom 18.09.2012, Az. 628 KLs 3/12, zu sechs Monaten Haft auf Bewährung. Das Gericht machte dem Fahrer den Vorwurf, dass er zu spät die Geschwindigkeit des Fahrzeuges reduziert hatte, er hätte bereits in dem Moment abbremsen müssen, als die Ampel für ihn erkennbar auf rotes Licht umschaltete. Es entlaste den Fahrer auch nicht, dass er im Einsatz war und das Blaulicht eingeschaltet hatte, denn im Nahbereich von 20 Metern vor einer Kreuzung hätte er, da nicht feststand, ob die Kreuzung frei passierbar war, zumindest nicht schneller als 30 km/h fahren dürfen. Den Fahrer treffe insoweit bei einer Einsatzfahrt mit Blaulicht sogar ein erhöhte Sorgfaltspflicht, welcher der angeklagte Fahrer nicht nachgekommen sei. Diese Argumentation hat der Bundesgerichtshof nun bestätigt, indem das Gericht die gegen das Urteil des Landgerichts Hamburgs eingelegte Revision mit Beschluss vom 16.07.2013, Az. 4 StR 66/13, verwarf.

Fundstellen: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.07.2013, Az. 4 StR 66/13, Pressemitteilung Nr. 128/13; Landgericht Hamburg, Urteil vom 18.09.2012, Az. 628 KLs 3/12, Pressemitteilung vom 18.09.2012

Ein Leiharbeitnehmer kann sich unter Umständen erfolgreich beim entleihenden Unternehmen einklagen, wenn ihm von der Leiharbeitsfirma gekündigt wird. Das geht aus den Urteilen des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24.07.2013, Az. 3 Sa 1749/12 und des ursprünglichen Urteils des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 05.12.2012, Az. 6 Ca 1016/12 hervor. Der dortige Kläger war über einen Werkvertrag bei einem entleihenden Betrieb tätig. Schwerpunktmäßig mit den Tätigkeiten im Wareneingang, in der Poststelle sowie mit Hausmeistertätigkeiten betraut. Ihm wurde nach zirka 4 Jahren von der Leiharbeitsfirma gekündigt. Dagegen erhob er Klage gegen den entleihenden und gegen den verleihenden Betrieb u. a. auf Schadensersatz und die Feststellung, dass ein  Arbeitsverhältnis zum entleihenden Betrieb, einer Tochterfirma des Bertelsmann-Konzerns, unbefristet fortbesteht. Die Leiharbeitsfirma verfügte nämlich über keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit). Der Kläger machte geltend, dass zudem kein wirksamer Werkvertrag vorgelegen habe, da er vollständig in die Betriebsorganisation des entleihenden Betriebes eingegliedert war. Die Ausübung des Weisungsrechts oblag zudem faktisch dem entleihenden Betrieb. Der Kläger erhielt in beiden Instanzen Recht, beide Gerichte gingen einer aufgrund einer Gesamtbetrachtung der einzelnen Umstände folgend davon aus, dass unzulässige Leiharbeit vorgelegen habe. Entscheiden war, dass die Leiharbeitsfirma nicht über die notwendige Genehmigung verfügte, weshalb aufgrund gesetzlicher Fiktion davon auszugehen war, dass zwischen dem entleihenden Betrieb und dem Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis entstanden ist. Der entleihende Betrieb muss den Arbeitnehmer nun weiter beschäftigen. Entscheidend ist dabei für die rechtliche Einordnung des Vertrages dessen Geschäftsinhalt und nicht die gewünschte Rechtsfolge oder die Bezeichnung des Vertrages, im Zweifelsfalle muss auf die tatsächliche Durchführung des Vertrages abgestellt werden.

Fundstellen: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 24.07.2013, Az. 3 Sa 1749/12, Pressemitteilung vom 24.07.2013, Arbeitsgericht Bielefeld, Urteil vom 05.12.2012, Az. 6 Ca 1016/12

Der Betriebsrat des entleihenden Unternehmens muss vor dem Einsatz von Leiharbeitnehmern beteiligt werden. Der Betriebsrat kann die Zustimmung ablehnen, wenn die Leiharbeiter dauerhaft eingesetzt werden sollen. Das geht aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 10.07.2013, Az. 7 ABR 91/11, hervor. Demnach kann der Arbeitgeber die Zustimmung zu dem Dauereinsatz von Leiharbeitern auch nicht gerichtlich erzwingen. Das Verbot des dauerhaften Einsatzes von Leiharbeitnehmern ist nämlich als verbindlicher Rechtssatz anzusehen, der zum einen dem Schutz der Leiharbeitnehmer dienen und zum anderen die Aufspaltung der Belegschaft in Stammbelegschaft und Leiharbeiter verhindern soll.

Fundstellen: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 10.07.2013, Az. 7 ABR 91/11, Pressemitteilung Nr. 46/13

Wird eine Verständigung (sogenannter Deal) im Strafverfahren nicht ordnungsgemäß protokolliert, so kann das Urteil erfolgreich mit der Revision angegriffen werden. In einem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall war nicht protokolliert worden, dass der vorsitzende Richter den wesentlichen Inhalt der Gespräche über einen Deal mitgeteilt hatte. Im Hauptverhandlungsprotokoll war nur festgehalten worden, dass Gespräche über einen Deal in einer Verhandlungspause stattgefunden haben und dass der Vorsitzende deren Ergebnis bekannt gegeben hat. Das aber reicht nicht aus, um die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Transparenz des Verfahrens herzustellen (vgl. Blogartikel vom 19.03.2013: „Die gesetzlichen Regelungen zum Deal im Strafverfahren sind (noch) verfassungsgemäß“ und Blogartikel vom 06.06.2013: „Grundsätze der Staatsanwaltschaft Berlin zum Deal“). Ein derartiges Urteil beruht auch regelmäßig auf dem Verfahrensfehler und muss daher aufgehoben werden.

Fundstellen: Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.07.2013, Az. 2 StR 195/12, 2 StR 47/13; Pressemitteilung Nr. 118/13

Das Jobcenter darf eine Sanktion wegen einer Arbeitgeberkündigung nur dann aussprechen und das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) mindern, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Absicht herbeigeführt hat. Das Gericht hatte über den Fall einer geringfügig als Haushaltshilfe beschäftigten zu entscheiden, die Kündigungen ihrer Arbeitgeber erhalten hatte. Sie war mehrfach nicht zu ihrer Arbeit wegen einer  Gelenkerkrankung und eines Alkoholproblems erschienen. Das Sozialgericht wies insoweit darauf hin, dass es der Hartz-IV-Bezieherin gerade darauf ankommen müsse, aufgrund ihrer Handlungen gekündigt zu werden, um sodann mehr Sozialleistungen zu beziehen. Das Jobcenter hängte daraufhin die Kürzung des Regelbedarfs um 30 % wieder auf.

Fundstellen: Sozialgericht Mainz, Beschluss vom 23.05.2013, Az. S 15 AS 438/13 ER, Pressemitteilung Nr. 7/2013

Eine im Arbeitsvertrag enthaltene Klausel mit dem Inhalt, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten geltend gemacht werden, umfasst nicht die Haftung wegen Vorsatzes. Entsprechende Ansprüche kann ein Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber weiterhin erfolgreich verfolgen. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 20.06.2013, Az. 8 AZR 280/12. Eine Arbeitnehmerin hatte ihren ehemaligen Arbeitgeber wegen Mobbing auf Schmerzensgeld verklagt. Sie wirft ihrem damaligem Vorgesetzen vor, dass er sie beleidigt und sexuell belästigt habe. Die Ausschlussklausel steht der Klage nicht entgegen, da man entweder davon auszugehen hat, dass die Klausel unwirksam ist oder dass mit der Ausschlussklausel die Vorsatzhaftung nicht geregelt werden sollte.

Fundstellen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.06.2013, Az. 8 AZR 280/12, Pressemitteilung Nr. 42/13

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 27.06.2013, Az. B 10 EG 3/12 R, B 10 EG 8/12 R, die lange strittige Frage entschieden, ob Eltern von Zwillingen für jedes Kind einen Anspruch auf Elterngeld haben, sich also die maximale Bezugsdauer von 14 Monate auf 28 Monate verdoppelt. Bislang erhielten Eltern von Mehrlingen eine Erhöhung des Elterngeldes nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) um je 300,00 € je weiterem Kind. Das Bundessozialgericht stellte nun fest, dass der Anspruch für jedes Kind bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des jeweiligen Kindes besteht. Beide Elternteile können also gleichzeitig zwölf Monate Elterngeld für das eine Kind und als Partnermonate zwei Monate für das andere Kind in Anspruch nehmen, womit sich dann die Dauer des Elterngeldbezuges insgesamt verdoppelt.

Fundstellen: Bundessozialgericht, Urteil vom 27.06.2013, Az. B 10 EG 3/12 R, B 10 EG 8/12 R, Pressemitteilung Nr. 19/13



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